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Digitalisierungspakt oder Fachkräftemangel in der Politik

Welche große Ankündigung! Der Bundestag beschließt mit einer zwei-Drittel-Mehrheit die Änderung des Grundgesetzes. Ziel ist es, in Deutschlands Schulen mit viel Geld die digitale Zukunft zu erobern. Fünf Milliarden Euro sollen für mehr Tablets und Laptops in den Klassenzimmern sorgen. Da Schule aber eine grundgesetzlich verbriefte Zuständigkeit der 16 Bundesländer darstellt, muss auch der Bundesrat zustimmen. Doch nun teilen fünf Ministerpräsidenten (Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen) mit, dass sie dies als nicht notwendig erachten. Damit ist die notwendige zwei-Drittel-Mehrheit im Bundesrat hin.

Frage: Wusste man das nicht vorher?

Entweder haben die Ministerpräsidenten zuvor Zustimmung signalisiert und rufen jetzt „Ätsch!“ und zeigen dem Bundestag die lange Nase. Dann wären Charakter und Verlässlichkeit dieser fünf Landesfürsten zu hinterfragen. Oder aber die im Bundestag vertretenen Parteien, die diese zwei-Drittel-Mehrheit nun darstellen, haben zuvor nicht das Gespräch gesucht. War ihnen nicht klar, dass auch der Bundesrat zustimmen muss? Oder glauben sie noch immer, dass wenn die Parteibonzen im Bund „Hü!“ rufen, alle Parteisoldaten/innen im Land auch im Gleichschritt losmarschieren?

Wie auch immer: Das ist Dilettantismus.

Als Bürger reibt man sich die Augen. Alle wissen, dass Deutschland im Bereich der Digitalisierung Nachholbedarf hat. Ob nun die Ausstattung der Schulen mit Laptop und Tablet so sinnig ist, wie die Lobbyarbeit der Hersteller dies einzureden versucht, sei dahingestellt.(Didaktische Grundlagen zur Medienkompetenz fehlen noch völlig!) Aber wenn die Fachkräfte der Politik im Land (und das sollten unsere Mandatsträger/innen) doch sein, noch nicht einmal das Handwerk einer Grundgesetzänderung verstehen, dann frage ich mich, wie unser Land die Zukunft meistern soll.

Eine Grundgesetzänderung ist keine Lappalie, die mal eben so gemacht wird – oder auch nicht. Das bedeutet Zeit, Geld, Energie, die für andere sicherlich auch sinnvolle Dinge nicht zur Verfügung steht. Wer investiert Zeit, Geld, Energie, wenn er weiß, dass er scheitert? Hätte man sich nicht gleich an einen Tisch setzen und überlegen können, wie das Ziel möglichst schnell effizient und effektiv erreicht werden kann? Aber statt zu überlegen, ob sie die richtigen Dinge tun und ob sie sie auch richtig tun, wird einfach mal kurz eine Änderung des Grundgesetzes beschlossen, um danach zu schauen, wie es weitergeht. So regiert man doch nicht ein Land!

Neben der Digitalisierung stehen große Herausforderungen an: Klimawandel, demografischer Wandel, Migration, Welthandelsfragen, Zukunft der EU. Wie will man diese Herausforderungen zukunftsorientiert gestalten, wenn noch nicht einmal eine banale Grundgesetzänderung gelingt? Wie das geht, steht seit 1949 im Grundgesetz! Ist der Fachkräftemangel nun auch in der Politik angekommen?


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