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Die Kriminalisierung der „letzten Generation“ durch alte weiße Männer der Politik

Der erste Weltklimabericht erschien 1990 – im Jahr der deutschen Einheit. Seitdem wissen wir, was auf uns zukommen kann, wenn die klimatischen Verhältnisse sich weiter verschlechtern und wir als Menschen nicht gegensteuern. Im Juli 2021 erlebten wir eine Sintflut im Ahrtal (und auch an anderen Orten), die zum einen für die meisten von uns zuvor nicht vorstellbar war, die zum anderen aber bereits 1990 als möglich vorausgesagt wurde – wenn auch nicht an dieser Stelle. Seitdem erschienen viele weitere Weltklimaberichte, denen es an Deutlichkeit, Dramatik und Drastik nicht mangelte.

Junge Menschen, die noch 60 bis 70 Jahre Lebenszeit vor sich haben, wissen, dass sie diese Auswirkungen erleben werden: deutlich heißere Sommer, Dürren, Nahrungsmittelknappheiten, Starkregen, Überflutungen, gesundheitliche Folgen. Sie müssen erleben, dass ihnen eine physikalisch nicht veränderbare Zukunft bevorsteht, wenn wir uns und unsere Art zu leben nicht nachhaltig ändern. Sie sehen, dass zwar ein Klimaschutzgesetz verabschiedet worden ist, dass 2045 für Deutschland „Klimaneutralität“ vorsieht (also es dürfen nicht mehr klimaschädliche Stoffe produziert werden als die Natur selbst aufnehmen und verarbeiten kann), sie sehen aber auch, dass die tatsächlich ergriffenen Maßnahmen durch die Politik nicht wirklich dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.

Und es ist richtig: Es muss deutlich mehr, deutlich schneller und deutlich nachhaltiger passieren, um – nicht nur in Deutschland, aber auch hier – „klimaneutraler“ zu werden. Und machen wir uns nichts vor: wichtiger als Klimaschutz wird für uns alle auf kommunaler Ebene die Klimafolgenanpassung. Hier hapert es gewaltig, weswegen wieder alle überrascht sein werden, wenn Starkregen und Dürren, Hitzetote und Preissteigerungen zum Alltag gehören. Wer dann überrascht ist, der hat schlichtweg geschlafen.

Die Mitstreiter*innen der sogenannten „letzten Generation“ wollen deutlich und drastisch wachrütteln. Ehrlich: Ich würde mich nicht selbst irgendwo festkleben, zumal es auch eigene körperliche gesundheitliche Folgen haben kann. Aber mir nötigt diese Radikalität Respekt ab. Sicher: Vielen wäre es lieber, sie demonstrieren irgendwo im Park, als dass sie den Verkehr stören und medienwirksam auf die Untätigkeit der gegenwärtigen Politikgeneration hinweisen. Doch genau das müssen sie, wenn sie uns erreichen wollen.

Allerdings: Wenn Rettungswagen Menschen in Not nicht mehr retten können, sind hier Grenzen aufgezeigt, auf die die „Letzte Generation“ noch keine klare Antwort gegeben hat.

Übrigens: Wenn am Flughafen gestreikt wird und Menschen dadurch ihren Flieger in den lang angesparten Urlaub verpassen oder wenn die Bahnmitarbeitenden streiken und Menschen Angehörige, die verunfallt sind und allein im Krankenhaus versterben, nicht mehr rechtzeitig aufsuchen können, dann kann ich deren Wut auf die streikenden Menschen verstehen. Aber würde ich sie dann kriminalisieren?

Ich kann verstehen, dass man im Auto eilig irgendwo hinmuss, sein Ziel aber aufgrund der festgeklebten Menschen nicht pünktlich erreicht, und somit wütend auf die Kleber ist. Aber sind sie deshalb eine kriminelle Vereinigung?

Hier werden, insbesondere in Bayern, Kanonen auf Spatzen abgeschossen. Der Rechtsstaat wird von der Staatsanwaltschaft (aus parteipolitischen Motiven?) gebeugt, damit alte weiße Männer und Frauen, die zum Beispiel in Bayern und Hessen nun Wahlkampf führen, die Stimmen der anderen alten weißen Männer und Frauen erhalten, da sie für Recht und Ordnung sorgen. Dass hier Menschen aus völlig berechtigter Sorge um ihre eigene Zukunft zu Maßnahmen greifen, die zwar ungewohnt und neu sind, vielleicht auch verzweifelt wirken, aber einen ernsthaften Hintergrund haben, dringt nicht durch. Dass sie nun zu Kriminellen gemacht werden, verstört mich sehr. Auch ich bin ein alter weißer Mann. Ich habe aber Enkeltöchter und Enkelsöhne, deren Zukunft ich mich verpflichtet fühle. Für deren Zukunft möchte ich mich gern einsetzen, zum Beispiel, indem ich für die „letzte Generation“ spende. Doch die Staatsanwaltschaft München wies darauf hin, dass ich dann auch ein Krimineller sei, da ich ja eine kriminelle Vereinigung unterstützen würde (was ja rechtsstaatlich noch gar nicht bewiesen ist! Welche Vorverurteilung durch die Staatsanwaltschaft!) Wer die „letzte Generation“ mit diesem Aktionismus treffen will, trifft auch deren Großeltern, die in der Regel noch leben und auch wählen gehen und denen die Zukunft der Enkelkinder am Herzen liegt.


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