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Veränderungen kann man nicht abwählen, nur gestalten

Die etablierten Parteien ernten, was sie gesät haben. Sie haben lange Zeit die Realitäten (zum Beispiel Zuwanderung und Integration) nicht wahrhaben wollen und die Gestaltung der Zukunft zu oft vertagt (zum Beispiel die Folgen der Alterung im ländlichen Raum). Ihre Politik lautete: Weiter so! Dabei hat nicht erst die Flüchtlingskrise deutlich gemacht, dass die Zukunft nicht mehr die Verlängerung der Vergangenheit sein kann.

Veränderung ist angesagt. Doch Veränderung will niemand. Sobald Wähler/innen aufmucken, zucken Politiker zurück und lassen es beim scheinbar Bewährten (zum Beispiel Rentenpolitik). Das sicherte bis heute die Mandate. Es gibt auch kaum noch Menschen in der Politik, die es verstehen, die komplexen Sachverhalte so zu erklären, dass die große Mehrheit der Menschen es versteht. Da haben es jene einfacher, die so tun, als ob es stets simple Antworten auf die komplizierten Alltagsherausforderungen der Zukunft gebe. Politik als Kuschelwohlfühlecke hat ausgedient. Dies belegen auch die von Hass geprägten gesellschaftlichen Diskussionen.

Veränderungen stehen an. Sie können nicht abgewählt werden, sie bedürfen einer zukunftsorientierten Gestaltung und zwar mit den Menschen. Die Wahlergebnisse der drei Landtagswahlen vom 13. März 2016 signalisieren, dass dies nun nicht erneut vertagt werden kann.

Wir brauchen Antworten auf die globalen Veränderungen, die sich zum Beispiel durch die wirtschaftliche Schwäche Chinas, die finanziellen Risiken im Euro-Raum, die Kriege in der Ukraine, in Syrien oder im Süd-Sudan, die totalitären Ansprüche eines Islamismus ergeben. Einfache Antworten, die nach nationalen Lösungen und Grenzen rufen oder die zum Beispiel meinen, man müsse nur die Muslime aus dem Land werfen (US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump) werden nicht erfolgreich sein.

Wir brauchen Antworten auf die umwälzenden digitalen Veränderungen, die sich zum Beispiel in der Wirtschaft (Unternehmen 4.0), in der Arbeitswelt (Arbeit 4.0) oder in der Kommunikation ("Internet der Dinge") ergeben. Aber auch der rasante Verfall der Sitten, die Häme und Hetze, die sich in so genannten sozialen Netzwerken ausbreitet und vor allem die enorme Beschleunigung der Abläufe des Alltags verlangen nach alltagstauglichen Lösungen. Immer mehr Menschen fühlen sich abgehängt und verunsichert. Der soziale Zusammenhalt der Gesellschaft gestaltet sich neu!

Wir brauchen Antworten auf die demografischen Umwälzungen, die sich in Deutschland, aber auch in Europa und in der Welt ankündigen. Gerade Sachsen-Anhalt wird 2030 dreimal so viele Menschen über 65 Jahre in seinen Landesgrenzen zählen wie Menschen unter 18 Jahren. Wie soll der Alltag im ländlichen Raum aufrecht erhalten werden, wie die Versorgung gewährleistet werden, wenn weniger sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in diesem Bundesland leben als Menschen, die von Sozialtransfers aller Art leben? Gerade dieses Bundesland ist auf Zuwanderung angewiesen, doch wehrt sich stark dagegen!

Wir brauchen Antworten auf die ökologischen, klimapolitischen und energiepolitischen Veränderungen. Der Wegfall der Kernenergie ist noch nicht energiesicher in Alternativen umgesetzt, die in Paris im Dezember 2015 eingegangenen Verpflichtungen zur Klimapolitik gerade mal ansatzweise in der Konsequenz durchdacht. Selbst Greenpeace staunte, als es die Folgen des 1,5-Grad-Celsius-Ziels durchrechnete. Die anstehenden Veränderungen sind den Menschen bis heute nicht annähernd erklärt worden.

Wir brauchen Antworten auf die kulturellen Veränderungen. Ein Drittel der in Deutschland geborenen Kinder hat Migrationshintergrund. Von 2010 bis 2014 sind 1,755 Millionen Menschen aus dem Ausland mehr zugewandert als ausgewandert, davon drei Viertel aus den EU-Ländern, die meisten aus Polen. Eine runde Million Flüchtlinge soll sich in Deutschland aufhalten, deren Integration jetzt erst ansteht. Jede 14. Ehe in Deutschland ist binational. Unser Land hat sich schon längst massiv verändert, nur will es niemand wahrhaben, weil die meisten der Lebenslüge aufgesessen sind, wonach Deutschland kein Einwanderungsland sei. Kommunale Integrationserfahrungen sind bisher nur rudimentär strategisch nutzbar.

Diese Herausforderungen stehen an. Sie hätten längst angegangen werden müssen. Doch hätte, hätte, Fahrradkette. Wer bietet Lösungen an? Auch eine AFD hat Antworten darauf zu geben. Aber nicht nur sie. Nationale (nationalistische), Grenzen betonende, frühere Zeiten heraufbeschwörende, gute alte D-Mark-Zeiten helfen hier nicht weiter. Der erfolgreiche Blick geht nach vorn.

Wichtig ist und bleibt, darüber zu sprechen, den Dialog zu suchen und Argumente auszutauschen. Wichtig ist weniger, was wir nicht wollen, sondern was wir wie wollen!

Wichtig ist und bleibt, die partizipativen, Bürger/innen außerhalb der Wahlen beteiligenden Instrumente zu stärken und glaubwürdig zu nutzen.

Und wichtig ist und bleibt, gemeinsame Visionen für eine gemeinsame Zukunft zu entwickeln. Wir brauchen ein tragfähiges, Generationen und Kulturen übergreifendes Wertefundament und Bilder, wie eine globale, digitale, demografische, ökologische und kulturelle Vielfalt in Deutschland aussehen kann. Denn wichtiger als die unterschiedliche Herkunft wird die gemeinsame Zukunft sein - nicht nur in Deutschland.


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