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Anders zu sein darf kein Makel sein

In nahezu jeder Zeitung und auch in nahezu jeder Nachrichtensendung haben wir das Foto gesehen, das schier Undenkbares zeigt. Ein Mensch, zumal ein Polizist, erschießt einen anderen Menschen, der wehrlos ist, mit acht Schüssen in den Rücken, unterlässt dann jede Hilfeleistung und schändet dessen Ansehen auch im Tod, in dem er ihn als Verantwortlichen seines eigenen Todes darstellt.

Warum macht der 33jährige Polizist das? Glaubt er, ein Recht zu haben, einen anderen Menschen zu töten, insbesondere weil er schwarz ist? Sieht er sich als höherwertig an, wähnt er sich aufgrund eines gesellschaftlichen Umfeldes, das ihm das zugesteht, als unantastbar? Vermittelt ihm diese Macht über einen anderen Menschen ein berauschendes Glücksgefühl?

Doch ehrlich: Hier ist es der Weiße, der sich dem Schwarzen überlegen fühlt, woanders ein Islamist, der Andersgläubige als minderwertig ansieht, wieder woanders ein Soldat oder gedungener Söldner, der glaubt für sein Vaterland im Namen einer gerechten Sache töten zu dürfen, neulich in Frankfurt war es der linke Aktivist, der seine Wut gegenüber der kapitalistischen Welt mit skrupelloser, den Tod anderer in Kauf nehmender Gewalt auslebte,  und Ostern war es der rechte Nationalist, der sich berufen fühlte, ein Flüchtlingsheim in Brand zu stecken. Sie alle sehen sich im Recht, überhöhen ihr Handeln mit einer vermeintlich guten Sache, einer rassistisch, religiös oder ideologisch motivierten Überlegenheit, einem ultimativen Kick, der Bedeutung und Macht in den eigenen sinnentleerten Alltag spült.

Erschreckend zudem die kaltblütige Gleichgültigkeit gegenüber dem menschlichen Leben, insbesondere wenn es anders ist – wegen der Hautfarbe, der Religion, der Kleidung, der sexuellen Orientierung, der individuellen Fähigkeiten. Erschreckend, wie selbstverständlich dies im Alltag angekommen ist. Dabei sind sie alle schlichtweg kriminell.

Wie könnte eine Lösung aussehen? Gesellschaftliche Vielfalt in einem globalen Dorf braucht einen gemeinsamen Wertekonsens. Der ist möglich. Den gilt es aber stetig neu gemeinsam zu erarbeiten und durch ein Klima der klaren Mehrheit gesellschaftlich zu stärken. Dies gelingt dann, wenn die gesellschaftliche Teilhabe aller von Anfang an möglich gemacht wird, wir niemanden ausgrenzen wegen seiner Behinderung, seiner Herkunft, seines sozialen Lebensstils, seines Alters, seines Geschlechts. Nichts anderes will der Gedanke der Inklusion. Das aber betrifft jeden und seine individuelle Haltung gegenüber Menschen, die anders sind, nicht nur den Polizisten in North Charleston.


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