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Mehr Polizisten braucht das Land – doch wo kommen sie her?

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) schlägt Alarm: es fehlen Polizisten. Rund 1.900 zusätzliche Stellen sollten allein in Nordrhein-Westfalen geschaffen werden. Ähnliche Forderungen liegen in allen Bundesländern vor. Insbesondere in den ländlichen Räumen fehle es an Sicherheit vermittelnden Polizeibeamten. Wer  sich den Altersdurchschnitt der Polizei anschaut, der wird dann noch feststellen, dass bundesweit der Schnitt bei rund 50 Jahren liegt.

Wenn dann zum Beispiel der Landrat im Rhein-Erft-Kreis feststellt, dass in den nächsten Jahren viele Polizeibeamte in den Ruhestand gehen und daher rechtzeitig durch gut ausgebildete Nachwuchskräfte ersetzt werden sollten, so ist das schön. Nur: Woher sollen sie kommen?

Zum einen sind zum Beispiel 2014 nur noch halb so viele Kinder geboren wie 1964. Wenn also die 1964-Geborenen in 15 Jahren ihren Ruhestand antreten, kann nur noch jede zweite Stelle wiederbesetzt werden. Die andere Hälfte ist nicht mehr da!

Zum zweiten konkurrieren alle Bereiche um das qualifizierte Personal: zurzeit werden rund 4.000 Menschen für den Bundesgrenzschutz gesucht, rund 3.600 Menschen bei der Bundesagentur für Arbeit, rund 2.500 Menschen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Es fehlen Pflegekräfte, Lehrer, Gerichtsvollzieher, Kommunalbeamte, Sozialarbeiter ... . Also: Warum soll die Polizei hier besonderen Erfolg haben, zumal die Einstellungsvoraussetzungen auch nicht niedrig sind. (Bei der Bundeswehr, so heißt es, nehme man inzwischen fast jeden!)

Zum dritten zeigt sich, dass die Entscheidungskräfte in Politik und Verwaltung noch immer nicht den demografischen Wandel begriffen haben. Sie denken zum Beispiel noch in der alten Währung Stellen. Dabei heißt die Währung der Zukunft: Fachkräfte.

Zum vierten wird sich das subjektive Sicherheitsbedürfnis in einer älter werdenden Gesellschaft verändern - und das gerade auch auf dem Land. Und das auch auf dem Hintergrund der Vorurteile gegenüber Fremden (= Zuwanderung). Dabei werden die Polizisten der Zukunft auch Migrationshintergrund haben!

Zum fünften gilt es zu beachten, dass von den 2014 geborenen 714.966 Kindern rund ein Drittel einen Migrationshintergrund hat und rund 15 Prozent in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften aufwachsen. Deren strukturelle Benachteiligung im Laufe einer Bildungskarriere können wir uns eigentlich nicht mehr leisten. Doch was geschieht hier, damit aus ihnen zum Beispiel gute Polizisten werden können?

Um diese Herausforderungen meistern zu können, brauchen wir unter anderem ein gemeinsames Verständnis darüber, was zukünftig die Aufgaben der Polizei sein sollen. Ich zum Beispiel plädiere dafür, den Drogenkonsum nicht mehr strafbar zu machen. Schließlich regen wir uns über 40.000 durch Alkoholmissbrauch verstorbene Menschen im Jahr überhaupt nicht so auf wie über 1.500 durch den Konsum harter Drogen verstorbener Menschen. Und die Strafverfolgung der Dealer sowie die Beschaffungskriminalität der Konsumenten beschäftigen unsere Polizei enorm. Und nebenbei: die Drogenmafia wäre von heute auf morgen arbeitslos.

Erinnern wir uns: Al Capone war nur eine "Größe" in der Zeit, wo in den USA der Alkohol verboten war (1918 - 1933). Und während dieser Zeit gab es mehr Alkoholtote als je zuvor und je danach!

Fazit: Mehr Polizisten werden wir auf Dauer nicht haben, da sie nicht mehr da sein werden. Das subjektive Sicherheitsbedürfnis der älter werdenden Gesellschaft wird allerdings höher sein. Die Aufgaben der Polizei müssten überdacht werden. Die Gesellschaft wird hier neue Vereinbarungen treffen müssen. Das geht nicht ohne Veränderungen und Veränderungsbereitschaft! Die müssen wir allerdings erst noch erzielen!


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