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Warum der Schützenverein keinen Nachwuchs findet!

In vielen Städten wiederholt sich einmal jährlich das Bild: der Bürgermeister empfängt die Majestäten der verschiedenen Schützenbruderschaften in der Kommune. Und von Jahr zu Jahr wiederholt sich die Klage, dass immer weniger jüngere Menschen für "Glaube, Sitte, Heimat" im Schützenverein Verantwortung übernehmen möchten. Man sei froh, wenn sich überhaupt noch jemand finde, der Schützenkönig werden möchte. Man beklagt, aber man tut nichts. Man hat in der Regel ja auch so schon genug zu tun!

Doch ehrlich: mich wundert das nicht. Zum einen hat sich der potenzielle Nachwuchs halbiert. Kamen bundesweit 1964 noch 1.357.304 Kinder zur Welt, waren es 2012 nur noch 673.570 Kinder. Damit können auch nur immer weniger Menschen den Weg in die Vereine finden. Und die Vereine konkurrieren auch noch um den halbierten Nachwuchs. So hat zum Beispiel die Freiwillige Feuerwehr das Alter für Kinder von zehn Jahren auf sechs Jahre herabgesetzt, da man die Kinder für sich gewinnen möchte, bevor sie beim Sport (oder anderswo) landen. Was tut hier der Schützenverein?

Zum zweiten fühlen sich immer weniger Menschen, insbesondere jüngere Menschen, mit der Kirche und ihren Traditionen verbunden. Die zahlreichen Kirchenaustritte sind nur ein Beleg für diese These. Erste Kirchengemeinden finden schon keine jungen Sternsinger mehr. Das wird dann gern aufgefüllt von älteren Menschen. Doch auch bei den Schützen sind Ehrungen für 60-, 65- oder gar 70-jährige Mitgliedschaft keine Seltenheit mehr. Sie überwiegen die für 10- oder 15-jährige Mitgliedschaft.

Zum dritten fehlt es an einer gesellschaftlichen Aktualisierung und Modernisierung der Motivstränge Glaube, Sitte und Heimat. Wenn zum Beispiel 20 % der Bundesbürger Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte sind und rund 34 Prozent der neu geborenen Kinder ebenfalls Eltern mit Wurzeln aus dem Ausland haben, dann gewinnt die Vokabel "Heimat" eine neue Bedeutung. Schützenvereine tun sich aber schwer, wenn zum Beispiel ein türkischstämmiges Mitglied Schützenkönig wird. Er ist ja muslimischen Glaubens. Doch der Glaube ist etwas anderes als die Religion. Und jede Religion vertritt in der Regel die gleichen Werte, so zum Beispiel: Du sollst nicht töten! Kann Glaube nicht als Wertegemeinschaft interpretiert werden?

Zum vierten mangelt es nicht selten an einer Bereitschaft zur Veränderung. Die Gesellschaft hat sich zum Teil massiv verändert, doch nicht wenige Menschen suchen ihre Nischen, wo sie "früher" frönen können, wo sie Entschleunigung erleben, Traditionen pflegen und die Sicherheit des Bekannten und Unveränderten erleben. Doch manchmal kommt man einfach zu spät. Dabei könnten Schützenvereine eine Renaissance erleben, wenn es ihnen glaubhaft gelänge, die Begriffe Glaube, Sitte und Heimat zu aktualisieren. Dazu braucht es Mut, Mut etwas anders zu machen.


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