Vor 80 Jahren, im August 1936, fanden in Berlin die Olympischen Spiele statt. Übrigens: das Wetter war ähnlich bescheiden wie im August 2016. 16 Tage lange sonnte sich Adolf Hitler in der Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit. Das Deutsche Reich präsentierte sich bestens, zumal die vielen ausländischen Gäste in Berlin alles vorfanden, was das Herz begehrte. Die hässliche Fratze der Diktatur Hitlers hatte gehörig Kreide gefressen.
Oliver Hilmes, 1971 geborener Autor des Buches „Berlin 1936. Sechzehn Tage im August“, beschreibt in 16 Kapiteln, analog zu den 16 Tagen olympischer Spiele in Berlin, was sich in dieser Stadt tat, was sich ankündigte, was nur hinter den Fassaden sichtbar war und wer blendete und sich blenden ließ:
• Helene Mayer war die einzige jüdische deutsche Olympionikin, die als „Alibi-Jüdin“ auf Druck des IOC teilnehmen musste, damit das IOC sich zufrieden zeigen konnte und der öffentlichen Kritik Rechnung getragen wurde.
• Die vielen Tausende Sinti und Roma, die kurzzuvor aus Berlin verschwanden und am Rande von Berlin in Lagern untergebracht waren, damit die schöne, nun „gesäuberte“ Stadt ihren Schein wahren konnte.
• Der Hass auf alles, was „anders“ war, der sich in der NSDAP-Zeitung „Der Stürmer“ täglich entlud, aber öffentlich nicht sichtbar wird, weil die Zeitungskästen in Berlin für 16 Tage abmontiert wurden.
Für die Größen des Nationalsozialismus spielte das Geld der Steuerzahler keine Rolle, denn jeden Abend wurde in Berlin gefeiert, nein „geprasst“. Ein Fest war prestigeträchtiger als das andere. Und überall spielte die international beliebte, aber in Deutschland verpönte „Negermusik“.
Apropos: Der farbige Amerikaner Jesse Owens war als viermaliger Goldmedaillengewinner der erfolgreichste Teilnehmer der Spiele. Die täglichen Anweisungen an die gleichgeschaltete Presse, die Hilmes immer wieder zitiert, belegen, wie damit umgegangen werden sollte.
Wer Parallelen zu aktuellen olympischen oder weltpolitischen Ereignissen sucht, wird sie zuhauf finden. Es ist erschreckend, wie bestimmte Mechanismen immer noch oder mal wieder wirken. Erschreckend ist auch, über eine lebendige, lebenslustige Metropole zu lesen, die neun Jahre später nur noch Schutt und Asche war! Lernen wir daraus?
Ein in jeder Hinsicht lesenswertes Buch.
Oliver Hilmes: Berlin 1936. Sechzehn Tage im August. München 2016.