Die CSU will die „bürgerlich-konservative“ Revolution – doch was heißt das konkret?

Die CSU will die „bürgerlich-konservative“ Revolution – doch was heißt das konkret?

Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, weiß, wie man sich in einer Mediendemokratie aufbrezeln muss, um Schlagzeilen zu machen. Das konnte er schon als Generalsekretär seiner Partei, dann als Bundesverkehrsminister und jetzt eben als CSU-Landesgruppenchef.

Und zu dem „Gipfeltreffen der bürgerlich-konservativen Politik“ in einem ehemaligen bayrischen Kloster kamen Anfang Januar 2018 nicht nur die 46 CSU-Bundestagsabgeordneten und die CSU-Parteiführung, sondern auch der ungarische Ministerpräsident Orban sowie der britische Wirtschaftsminister Clark.

Frage: Gehört zur bürgerlich-konservativen Revolution der Austritt aus der Europäischen Union, so wie Großbritannien es nun vormacht, oder die Solidarität mit den EU-Mitgliedsländern mit Füßen zu treten, so wie Ungarn es nicht nur in der Frage der Verteilung der Flüchtlinge unter Beweis stellt? Selbst ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs wird von Ungarn weder akzeptiert noch umgesetzt. Ist also die bürgerlich-konservative Revolution, das Recht, Urteile eines höchsten europäischen Gerichts zu missachten oder so zurecht zu biegen, wie es gerade passt? Da fragt man sich, warum der Pole Kaczynski nicht auch eingeladen war, der die Unabhängigkeit der Justiz in Polen faktisch abgeschafft hat. Sind das Vorboten einer bürgerlich-konservativen Politik auch in Deutschland?

Frage: Gehört zur bürgerlich-konservativen Revolution, dass nur Männer Politik machen (dürfen)? Oder warum verfügt die CSU über so wenige weibliche Mandatsträgerinnen? Dabei scheint auch in Bayern die Realität noch nicht angekommen zu sein: Die Elite der Zukunft wird weiblich sein, jedenfalls wenn man sich die Schul- und Universitätsabschlüsse der Gegenwart anschaut. Erleben wir mit der bürgerlich-konservativen Politik jetzt ein (letztes) männliches testosteron-gesteuertes Aufbäumen gegen den Trend?

Frage: Gehört zur bürgerlich-konservativen Revolution eine Flüchtlingspolitik, die selbst Maria, Josef und Jesus auf ihrem Esel nicht im christlich-sozialen Bayern hätten willkommen geheißen? Geschweige denn, wenn einer von ihnen es allein geschafft hätte, dass die restlichen Familienmitglieder hätten nachkommen dürfen? Dabei war doch die Familienpolitik immer eine Herzensangelegenheit der CSU.

Was also ist die "bürgerliche Wende"? Was macht eine "bürgerlich-konservative Politik" aus? Eine Umweltpolitik, die das Wohl der Autoindustrie über die Gesundheit der Menschen stellt?

Mit Schlagworten kommt man vielleicht in die Schlagzeilen, aber Ideologie allein – egal, ob links, rechts, bürgerlich oder nicht-bürgerlich – löst in einer so komplexen und hoch vernetzten Welt kein einziges Problem. Aber es werden medienwirksam Nebelkerzen geworfen, die eine Zeitlang verdecken, wie hilflos, wie planlos und wie ideenlos man selbst ist, um die tatsächlichen Probleme der Menschen zu lösen.

Zum Beispiel die Frage: Wer schiebt in einer älter werdenden Gesellschaft in welchem Klima den Rollstuhl, wenn sich die Geburtenzahlen seit 1964 halbiert haben, aber gerade die 1964 Geborenen in wenigen Jahrzehnten den Rollstuhl benötigen, insbesondere wenn unter den Neugeborenen, die diesen Rollstuhl schieben könnten, schon heute 36 Prozent einen Migrationshintergrund haben? Und wie lautet nun die Antwort der bürgerlich-konservativen Politik?

 

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