Die fünf D’s, ohne die Zukunft nicht mehr gedacht und gestaltet werden kann

Die fünf D’s, ohne die Zukunft nicht mehr gedacht und gestaltet werden kann

Wir sind Zeugen eines enormen gesellschaftlichen Wandels, der in alle Lebensbereiche hineinwirkt. Diese Wandlungsprozesse kommen mit Wucht gleichzeitig auf uns zu und verlangen nach Lösungen. Noch nie in der Vergangenheit der Menschheitsgeschichte zum Beispiel mussten wir eine Gesellschaft gestalten, in der mehr Menschen über 65 Jahre leben als Menschen unter 20 Jahre. Wir verkaufen in Deutschland mehr Inkontinenzhilfen als Babywindeln. Doch wir haben keine schlüssigen Antworten auf diese Herausforderungen, die wir mit dem Begriff Demografischer Wandel zu beschreiben versuchen. Die gängigen Lösungsvorschläge münden stets in ein optimiertes „Weiter So!“. Doch das reicht nicht mehr.

Denn gleichzeitig stehen wir vor großen technologischen Veränderungen unseres Lebens und unserer Lebenswirklichkeiten. Wir umschreiben das mit dem Wort Digitalisierung, haben aber im Entferntesten noch nicht verstanden, was das heißt. Und dieser Wandel (4.0) trifft auf eine Gesellschaft, die immer älter wird. Doch gerade älter werdende Menschen scheuen eher Veränderungen als dass sie sie enthusiastisch begrüßen. Das war Ende der 60er / Anfang der 70er Jahre im letzten Jahrhundert anders, als eine neue Technologie (3.0) auf eine junge, dynamische Bevölkerung („Babyboomer-Generation“) traf, die mit diesen Chancen aufwuchs und sie in ihr Leben einbinden konnte. Und diese Generation war die Demografie-Rendite für unseren Wohlstand und sozialen Frieden der letzten 40 Jahre.

Doch es kommen weitere Veränderungen, die mit einer unglaublichen Vielfalt der Gesellschaft in allen Bereichen zu tun hat. Wir diskutieren das mit dem Begriff Diversität. Doch auch hier ist die Vielfalt der Vielfalt noch nicht ganz in den mentalen Welten der Menschen verankert. Denn wir erleben eine Vielfalt der Geschlechter, der Generationen, der Familienbilder, der Herkünfte, der Religionen, der Kulturen, der Werte, der Milieus, der Lebenswirklichkeiten. Diese Vielfalt(en) gilt es zu berücksichtigen, wenn man eine moderne Gesellschaft gestalten will. Sie ist zudem komplex und für eine Demokratie mit ihren gesetzlichen Steuerungsmechanismen eine wirkliche Herausforderung. Deswegen haben Populisten zurzeit ein leichtes Spiel. Die lösungsorientierte Gestaltung erfordert stets den Schulterschluss von Betroffenen, Beteiligten und Experten.

Mit Wucht ist schließlich der Klimawandel wieder auf die Tagesordnung gekommen. Die damit verbundene große Herausforderung der Dekarbonisierung will ebenfalls gestaltet werden. Für viele Menschen ist der Klimawandel sicht- und spürbar geworden. Gleichwohl scheuen Verantwortliche in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft noch immer, mutige Vorschläge zu unterbreiten, um diese Herausforderungen zu meistern. Dabei werden auch hier die Schnittstellen zur Demografie (mehr ältere Menschen in heißeren Sommern führen zu mehr Kreislauferkrankungen, die auf weniger Ärzte und Pflegekräfte treffen), zur Digitalisierung (die Telemedizin aber auch die digitalen Möglichkeiten, eigenverantwortlich gesünder zu leben) und zur Diversität (mehr Kulturen und Werte bedingen auch unterschiedliche Einstellungen zu Krankheit und Gesundheit) sehr deutlich.

Diese Wandlungsprozesse verlangen eine geduldige Gelassenheit der Demokratie. Veränderungen mutig zu gestalten braucht Mehrheiten. Mehrheiten wollen überzeugt werden. Das verlangt nach glaubwürdigen Kommunikatoren in Politik und Medien, aber nicht nur dort. Gleichzeitig sind die politischen Parteien in ihren Mitgliedschaften mehrheitlich über 50, manche sogar über 60. Welche Bilder im Kopf gestalten Zukunft? Wer engagiert sich künftig für diese Zukunft? Demokratie – das belegen die Erfolge populistischer Parteien – ist nicht selbstverständlich, sie muss stets neu erkämpft werden. Zudem steuern wir diese komplexe Moderne in Strukturen und mit Instrumenten, die 1949 auf dem Hintergrund einer anderen Zeit entworfen wurden.

Für viele ist Zukunft die Verlängerung der Vergangenheit – ein „Weiter So!“. Daher werden sich ankündigende Veränderungen massiv bekämpft, auch mit Hilfe der modernen digitalen Kommunikationsmöglichkeiten. Veränderungen werden dann gestaltet, wenn sie mit Chancen, Nutzen und Spaß in Verbindung gebracht werden können. Wer möchte heute zum Beispiel auf „What’sApp“ verzichten, der ein Smartphone besitzt? Doch diese Veränderungen können nur gestaltet werden, wenn Menschen darum wissen.

Wir haben in Deutschland noch immer ein Erkenntnis-, ein Umsetzungs-, aber auch ein Bildungsproblem. Denn wir müssen zum einen lernen, in Zusammenhängen zu denken, und zum anderen lernen, dass morgen etwas möglich ist, das heute noch undenkbar schien. Aber ohne die Berücksichtigung dieser fünf D’s wird Zukunft weder zu denken noch zu gestalten sein.

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