Disruptiv denken – Wozu brauchen wir Trump?

Disruptiv denken – Wozu brauchen wir Trump?

Es ist schon bizarr: Trump twittert, droht, pöbelt – und alle reagieren verunsichert, zittern. Warum eigentlich? Sicher: Es ist völlig ungewohnt, dass ein amerikanischer Präsident, dass ein Staatsmann überhaupt sich derart benimmt – gegenüber der Presse, gegenüber Andersdenkenden, gegenüber Minderheiten, gegenüber Verbündeten. Sicher: Der Schock wirkt noch nach, dass dieser selbstverliebte, Andere verachtende Mensch tatsächlich gewählt worden ist. Doch denken wir einmal disruptiv.

Dieses Wort habe ich im Zusammenhang mit dem Silicon Valley gelernt. Wenn man wissen will, ob ein Produkt, eine Dienstleistung, ein Verhalten etc. Zukunft hat, sollte man überlegen, wer oder was es wie zerstören könnte. Taxis? Brauchen wir sie? Im Grunde sind alle Autos, die von A nach B fahren Taxis. Das Prinzip Uber ist geboren. Hotels? Brauchen wir die? Im Prinzip ist jedes Haus ein potenzielles Hotel. Das Prinzip airbnb ist geboren. Mit anderen Worten: Wenn man überlegt, was etwas zerstören kann, entsteht etwas Neues.

Also: Wozu brauchen wir Trump? Sein Motto lautet: America first! Wir, der Rest der Welt, sind ihm daher egal. Wir reagieren empört. Die Anhänger johlen vor Freude. Der erneute Tabubruch überrascht, überrumpelt und siegt? Sicher: Trump hat früher als alle anderen begriffen, dass sich Menschen abgehängt fühlen: vom Tempo der Veränderungen, vom Wandel der Technik und der Gesellschaft, vom Stadt-Land-Gefälle, vom Wachstum, das im eigenen Portemonnaie spürbar ist, vom Wohlstand. Diese Gefühle hat er verlängert, bedient und skrupellos genutzt, in dem er alles, insbesondere das „Establishment“ in Frage stellt.

Jetzt müssen wir ihn und diese Methode in Frage stellen. Mit anderen Worten: reagieren wir nicht ängstlich, sondern selbstbewusst. Zeigen wir Haltung. Lassen wir ihn die USA einmauern. Nicht der Rest der Welt verliert, sondern die USA. Weil wenn nichts reinkommt, kommt auch nichts raus! Lassen wir ihn doch seine nationalistische egoistische Politik machen. Solange wir wissen, was wir wollen und unsere Ziele konsequent verfolgen – ob mit den USA oder ohne sie – kann eigentlich wenig passieren. Die Selbstverständlichkeit, dass die USA an „unserer“ Seite sind, sollten wir als eine Option der Zukunft betrachten, aber eben nur als eine. Es gibt andere, weitere. Trump zerstört eine Welt, wie wir sie seit dem Ende des zweiten Weltkrieges kennen. Doch was neu entsteht, bestimmen auch wir. Denken wir disruptiv.

Trump wird spüren, dass er den Kongress braucht, um zu regieren. Er wird spüren, dass er eben jene Eliten des Establishments braucht, die er in seiner Inaugurationsrede heftig beschimpfte und beleidigte. Er wird spüren, dass die Welt nicht um ihn kreist, wenn wir bei diesem Spiel nicht mitmachen. Er wird spüren, dass es Alternativen zu „America first“ gibt, insbesondere außerhalb von den USA. Doch wird er auch lernen? Ein Narzisst gilt als nicht kritikfähig. Daher wird er kaum wirklich lernen und sich daher ändern – das kann schlimmstenfalls acht Jahre dauern.

Wir müssen daher lernen, eine Welt ohne die USA zu denken, sofern sie sich tatsächlich einschottet. Wir müssen lernen, dass ein Tweet noch keine Politik ist, auch wenn sie Politik machen kann. Wir müssen lernen, unabhängiger von den USA zu werden, zu denken und zu agieren. Wir müssen lernen, die eigenen Stärken zu stärken und andere Länder, die es ebenso wollen, stärken, dies zu tun. Gegen die Allianz der Talente dieser Welt wird ein nationalistisch denkendender Narzisst nichts ausrichten können. Nach einer Zerstörung entsteht immer etwas Neues. Denken wir disruptiv. Und haben den Mut danach zu handeln.

Right Menu Icon