Eine Begegnung, die ich so noch nicht erlebt habe …

Eine Begegnung, die ich so noch nicht erlebt habe …

Es ereignete sich in einer deutschen Stadt. Ich war das erste Mal dort und wollte mir die Altstadt, das Schloss sowie den Weihnachtsmarkt ansehen. Auf dem Fußweg dorthin sah ich von weitem einen Mann mit einem großen Blumenstrauß im Arm auf mich zukommen. Je näher wir einander kamen, erkannte ich, dass es sich bei ihm um einen circa 70jährigen Mann handelte, der rundweg glücklich und zufrieden lächelte. Er schien mit seinen Gedanken an einem anderen, schönen Ort.

Als wir auf gleicher Höhe waren, grüßte ich ihn freundlich. Er schaute auf, strahlte mich an und fragte, ob er mir ein Gedicht vortragen könne.

Da war ich perplex. Das hatte ich weder erwartet noch bisher in meinem Leben erlebt. Erwartungsvoll und rundweg froh blickten mich seine großen Augen an. „Gern“, sagte ich. Und da standen wir nun auf einem Bürgersteig einer baden-württembergischen Stadt, wo ein mir völlig fremder älterer Herr ein Gedicht vortrug.

Ehrlich: ich war so überrascht, dass ich gar nicht genau zuhören konnte. Sein Gedicht handelte von Schmetterlingen, die von Blume zu Blume flogen, von der Leichtigkeit und Liebe des Lebens und der Friedlichkeit der Natur.

Plötzlich endete er, sah mich überglücklich an, und sagte: „Und jetzt wünsche ich Ihnen noch einen wunderschönen Tag.“ Sprach es, drehte sich um und ging weiter. Ich antwortete noch „Danke“ und rief ein „Ebenso“ hinterher, blieb aber verdattert, überrascht und irgendwie selig zurück.

Vielleicht ist das auch Weihnachten: die Begegnung zwischen Menschen, die einander neugierig und wertschätzend austauschen und wo ein Gefühl zurückbleibt, von dem man den ganzen Tag zehren kann.

Ich habe diese Geschichte schon mehrmals erzählt, denn sie zeigt, trotz aller Schreckensnachrichten, die an uns herandrängen, worauf es ankommt: auf unser eigenes Menschsein – jedem gegenüber. Das schenkt dann auch die Kraft, die ein jeder braucht, um schrecklichstes Verhalten und Unheil einiger Weniger zu ertragen.

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