Gelingende Integration: Aus Flüchtlingen Bürger machen

Gelingende Integration: Aus Flüchtlingen Bürger machen

Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch sagte einmal, dass wir Arbeiter riefen, jedoch Menschen gekommen seien. Damit spielte er darauf an, dass die Integration zugewanderter Menschen jahrzehntelang arg vernachlässigt worden sei. 1955 schlossen Deutschland und Italien den ersten Gastarbeitervertrag, dem weitere folgten, so 1963 mit der Türkei, Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts kamen Zigtausende Aussiedler, aber 2006 wurde erstmals ein "Nationaler Integrationsgipfel" durchgeführt - 51 Jahre nach dem ersten Gastarbeiterzuzug.

Aus den seither gesammelten vielfältigen Erfahrungen sollten wir lernen. Eine gelingende Integration ist kein Selbstläufer. Dafür muss eine Gesellschaft etwas tun. Doch kein Thema ist emotionaler in der politischen Diskussion, mit Vorurteilen und Ängsten behafteter, als die Diskussion um die Integration zugewanderter Menschen vor Ort. Dabei ist sie eine Schlüsselherausforderung für unsere gemeinsame Zukunft - und wichtiger als unsere unterschiedliche Herkunft. Wer will, dass sie wirklich gelingt, sollte folgende Punkte beherzigen:

Erstens: Wir brauchen eine Haltung, die Menschen willkommen heißt, auch wenn sie anders sind, sich anders kleiden und anders aussehen. Für dieses inklusive Klima muss man werben, dafür muss man Flagge zeigen. Zuvorderst unsere Bürgermeister/innen sowie unsere Landräte/innen. (Frage: In welchem aktuellen Wahlkampf spielt die Frage der gelingenden Integration (nicht die der akuten Unterbringung von Flüchtlingen) eine Rolle?) Aber nicht nur sie: jeder Einzelne bleibt gefragt.

Zweitens: Integration ist kein einseitiger Prozess. Es ist ein gegenseitiges Aufeinander Zugehen, sowohl der zuwandernden Gesellschaft als auch der aufnehmenden Gesellschaft.  Dafür muss stets geworben werden, auch wenn die Grundlagen - Wertefundamente des Grundgesetzes und die deutsche Sprache - nicht verhandelbar sind. Das wird auch nicht ohne (emotionale) Rückschläge funktionieren.

Drittens: Eine gelingende Integration basiert auf einem Konzept, also einem planvollen zielorientierten strategischen Vorgehen. Wer eine gelingende Integration will, der sollte vorab seine integrationspolitischen Ziele kennen. Wohin wollen wir gemeinsam? Weniger das "Wie" ist entscheidend, sondern das "Wohin".

Viertens: Eine gelingende Integration braucht ein Netzwerk der Akteure. Menschen aus der Politik, der Verwaltung, der Bürgergesellschaft, aus der Wirtschaft, aus den Verbänden, die an diesem Thema interessiert sind - ob hauptamtlich oder freiwillig engagiert - gilt es zusammen zu bringen. Dabei ist elementar wichtig, dass nicht Menschen ohne Migrationshintergrund über Menschen mit Migrationshintergrund reden, sondern mit ihnen ins Gespräch kommen.  Sie sollten gemeinsam Ziele und Maßnahmen formulieren, denn nur dann findet Identifikation und Umsetzung statt.

Fünftens: Wir brauchen nicht nur eine gemeinsam entwickelte Konzeption für eine gelingende Integration, sondern auch eine gemeinsam abgestimmte priorisierte Vorgehensweise in der Umsetzungsphase. Oberste Priorität hat in der Regel die qualitativ messbare Vermittlung deutscher Sprachkenntnisse.

Sechstens: Eine gelingende Integration braucht eine regelmäßige Plattform, die dem Treffen der Akteure, ihrem Austausch, der Bilanz des Prozesses und dessen Weiterentwicklung dient.  Transparenz und Kontinuität sind zwei wichtige Funktionsbedingungen für den Prozess.

Siebtens: Eine gelingende Integration braucht eine Prozesssteuerungsgruppe, die den Prozess voranbringt und dafür Sorge trägt, dass die gemeinsam definierten Ziele erreicht werden. Dieser Gruppe sollten Menschen aus der Verwaltung, der Politik, der Bürgergesellschaft und den Migrantenselbstorganisationen angehören.  Integration ist nichts, dass man beschließt und vorfindet, Integration ist ein dynamischer Prozess.

Achtens: Eine gelingende Integration braucht Kümmerer. Motoren, die dafür sorgen, dass dieses Thema auf die politisch-gesellschaftliche Tagesordnung kommt und auch dort verbleibt. Menschen, die auch für eine mediale Präsenz mitverantwortlich sind.  Wichtig sind vor allem die "Brückenbauer", also zugewanderte Menschen, die sich erfolgreich integrierten, die ermutigende Vorbilder sind. Das beschränkt sich keinesfalls nur auf die deutsche Fußballnationalmannschaft!

Ich habe in mehreren Städten und Landkreisen Integrationsprozesse gestaltet, moderiert und begleitet, die das Ziel einer gelingenden Integration verfolgten. Ob Solingen, Wiesbaden, Landau in der Pfalz oder Landkreis Germersheim: die oben genannten acht Punkte sind überall wichtige Eckpfeiler.

Integration kann gelingen, wenn wir es wollen und wenn wir die notwendigen gesellschaftlichen Prozesse aktiv gestalten. Dabei können wir aus den Erfahrungen der Vergangenheit und den Erfahrungen vieler Kommunen lernen.  In der Tat: Wir können es schaffen. Wir müssen es allerdings wollen!

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