In der letzten Woche war ich in Amsterdam. Mit dem ICE bin ich dann wieder bequem nach Köln zurückgefahren. Letzte Haltestelle in den Niederlanden: Arnheim. Erste Station in Deutschland: Oberhausen. Dazwischen war die Grenze, von der ich aber nichts spürte.
Wie wird das künftig, wenn Bundesinnenminister Seehofer alle 63 Punkte seines Masterplans Migration umsetzt (von denen wir 62 Punkte gar nicht kennen)? Würden dann in Arnheim Polizei- oder Grenzbeamte zusteigen und die Menschen kontrollieren, die im Zug reisen? Schließlich sollen ja potenzielle illegale Migranten bzw. Migranten, die bereits als Asylbewerbende in anderen EU-Ländern (dazu zählen ja auch die Niederlande) registriert worden sind, an der Grenze gleich aufgefangen und zurückgeführt werden.
Jetzt stellen wir uns das noch auf den Autobahnen vor: Wird dort künftig jeder LKW, der ja möglicherweise illegale Migranten oder Migranten, die bereits in einem anderen EU-Staat als Asylbewerbende registriert worden sind, als Fracht hat, kontrolliert? Das bedeutet: der freie Warenverkehr wird erheblich belastet. Ob der Salat dann pünktlich in der Frischetheke liegt, bleibt abzuwarten.
Oder nehmen wir die Stadt Herzogenrath, die direkt an der Grenze zur Niederlande liegt. Dort gibt es eine Straße, dessen Mittelstreifen die Grenze darstellt. Wird diese Grenze dort nun wieder kontrolliert bzw. die Grenze neu aufgebaut (als Mauer oder Stacheldraht)?
Und nun vor allem die entscheidende Frage: Wer macht das? Woher kommen die Beamten, die das kontrollieren? Schon jetzt lautet das große Problem Fachkräftemangel. Die Polizei kann Stellen nicht besetzen, die Pflege braucht Personal, wir haben zu wenig Hebammen, Erziehende, Lehrende. Busfahrende fehlen. Die Kette kann endlos fortgesetzt werden. Eine Million offene Stellen, nur noch 2,5 Millionen arbeitslos gemeldete Menschen, 44,6 Millionen Erwerbstätige. Das sind Zahlen, die belegen, dass diese künftigen Grenzbeamten nicht dumm herumstehen und auf die Umsetzung von Seehofers Plänen warten. Und wer dann die aktiven Polizisten woanders abzieht, damit sie an der Grenze patrouillieren, reißt an anderen Stellen Lücken, zum Beispiel in der Verfolgung der organisierten Kriminalität.
Doch wie groß ist das Problem selbst eigentlich? Im April 2018 flüchteten 11.000 Menschen nach Deutschland. Die Bundespolizei teilte am 20. Juni 2018 mit, dass zwischen Januar und Mai im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet 1.512 unerlaubt eingereiste Personen festgestellt worden seien. Sie nennt das „überschaubar“. Wie viele davon von Seehofers Plänen betroffen sind und zurück geschickt hätten werden können, wird nicht statistisch festgehalten. Die Frage darf auch erlaubt sein: Wohin zurückschicken?
Doch entscheidend bleibt: Wenn Seehofer sich durchsetzen würde, wer kontrolliert? Wer macht das konkret wie an den Grenzen? Woher kommen diese Menschen? Oder sind das alles nur Luftblasen, deren Haltbarkeitsdatum der 14. Oktober 2018 ist, wenn in Bayern der neue Landtag gewählt worden ist.
Fazit: Nationale Lösungen sind weder umsetzbar, noch werden sie helfen. Und einfache Lösungen gibt es für diese weltweite Herausforderung der Migration schon gar nicht.