Maria, Josef und Jesus an der bayerischen Grenze – ein modernes Flüchtlingsmärchen

Maria, Josef und Jesus an der bayerischen Grenze – ein modernes Flüchtlingsmärchen

Wenn mich meine Bibelkenntnisse nicht täuschen, so war es der König von Judäa, Herodes, der vor gut 2.000 Jahren den Befehl gab, alle neu geborenen männlichen Säuglinge zu töten. Denn die drei heiligen Könige hatten ihm verraten, dass sie einem gerade neu geborenen König, der allerdings nicht von dieser Welt sei, huldigen wollten (mit Gold, Weihrauch und Myrrhe). Das versetzte Herodes in Angst, er könne Amt und Würden, seinen Besitzstand verlieren. Also ging er kein Risiko ein und ließ den möglichen künftigen Rivalen gleich töten. Die anderen Kinder galten ihm als Kollateralschaden.

Gott sei es gedankt, dass er Josef einen Engel schickte, der ihm riet zu fliehen. Nach Ägypten. Bestimmt waren auch damals weder Flucht noch der Status Flüchtling angenehme Lebensumstände. Erst einige Jahre später kehrte die Familie wieder zurück. Herodes war da schon Geschichte. Und die von Jesus fing dann an.

Nun schreiben wir die Geschichte einfach um. Schicken wir die berühmteste Flüchtlingsfamilie der Welt, an die wir alljährlich in Krippenspielen und Herbergssuchen liebevoll erinnern, nicht nach Ägypten, sondern nach Bayern. Und die Ursache ist ein unsäglicher Bürgerkrieg in Syrien, dessen selbstherrlicher König Assad, mit der Unterstützung anderer selbstherrlicher Kriegstreiber (Putin, Erdogan) dafür sorgt, dass das Leben in dieser Region wahrlich lebensgefährlich ist. Insgesamt rund zehn Millionen Menschen aus Syrien befinden sich zurzeit auf der Flucht – im Lande, in der Region, in Deutschland, in der Welt. Darunter nun auch Maria, Josef, Jesus und der Esel.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie die drei es mit ihrem Esel soweit geschafft haben? Wenn sie gar über Ungarn gekommen wären, würde das bayerische Pendant zu Herodes, Seehofer, die Reisegruppe gleich zurückschicken zu seinem Königkollegen Orban, mit dem er freundschaftlich verbunden alljährlich im Kloster zusammenhockt. Für König Orban sind alle Migranten Verbrecher, illegal und damit kriminell. Entsprechend geht er auch mit ihnen um.

Maria, Josef und Jesus mitsamt Esel kriminell? Ja, wenn das so ist, bitte gleich zurück! Die Österreicher haben auch keine Verwendung. Dort sind die Herbergen neuerdings alle voll. Also doch nach Deutschland, das so bewundernswert – wie eine Überlebende von Auschwitz im Bundestag lobte – geflüchteten Menschen eine neue Heimat böte.

Doch die bayerische Grenze ist erst einmal dicht. Hier kommt niemand mehr rein. Aber Josef lässt sich nicht ins Bockshorn jagen. Er trennt sich von Maria, Jesus und dem Esel – und versucht es auf eigene Faust. Und er schafft es. Endlich im gelobten Bayern, das, wie die CSU dort immer sagt, das schönste Land der Welt sei. Jetzt will er seine Familie nachholen: Maria und Jesus dürfen aber nicht nachreisen. Jedenfalls bis zum 31. Juli nicht. Und dann auch nur, wenn sie ein Härtefall sind, bzw. wenn sie zum Kontingent der monatlichen 1.000 gehören. Über den Esel könne man hingegen reden. (Den hat die AfD noch nicht problematisiert.)

So bleiben Maria und Jesus draußen. Dabei hatte die CSU bisher immer den besonderen grundgesetzlichen Schutz von Ehe und Familie hervorgehoben.

Konsequenz: Weihnachten wird künftig ohne ein Kind in der Krippe gefeiert, denn Jesus darf im Rahmen der Familienzusammenführung nicht nach Deutschland. Vorläufig. Doch König Seehofer wäre nicht König Seehofer, wenn er nicht dafür eine passende Lösung gefunden hätte: Ende 2018 wird ein anderes Kind in allen bayerischen Krippen liegen: Markus Söder, der neue bayerische Messias. (Wer dessen Windeln reinigt, ist noch nicht geklärt.)

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