Nafri oder die Kirche im Dorf

Nafri oder die Kirche im Dorf

Es gibt tatsächlich Menschen, die die Abkürzung Nafri – sie steht für nordafrikanische Intensivtäter – für rassistisch und diskriminierend halten. Ich meine: Lasst die Kirche im Dorf. Ich kann keinen Rassismus darin erkennen.

Und sind wir doch mal ehrlich: ich habe unbekümmert Silvester feiern können. Ich musste nicht irgendwo in der Kälte auf irgendwelchen Plätzen meinen Kopf hinhalten, während die Familie feuchtfröhlich das neue Jahr begrüßte. Daher findet der Einsatz dieser Polizisten und anderer Einsatzkräfte erst einmal meinen Respekt und meinen Dank. Hut ab!

Punkt.

Aber bleiben wir doch weiter ehrlich: Wer von uns benutzt keine Abkürzungen, um sperrige Begriffe zu vereinfachen? Es gibt sie in jeder sozialen Gruppe, in jedem Verband, in jedem Verein, jedem Unternehmen. Wer hat den unseren Bundesverkehrsminister gescholten, als er im Zusammenhang mit der Pkw-Maut von Ösis sprach und Österreicher meinte? Wer erzählt keine Witze auf Kosten anderer Ethnien, Religionen, Kulturen, zum Beispiel Ostfriesenwitze? Wer weiß nicht, was gemeint ist, wenn von Hartzern die Rede ist – und regt sich jemand darüber auf? Das wäre doch auch alles diskriminierend – strenggenommen.

Ehrlich gesagt: Was mich im Ausland immer wieder schockt, ist das Bild, dass man von den Deutschen, also auch von mir, noch immer zeichnet. Ich erinnere mich jetzt an eine Szene in Rom, die zwar schon viele Jahre zurückliegt, gleichwohl: Ein 10Jähriger fragte mich, ob ich Amerikaner sei. Nein, antwortete ich, Tedesci, Deutscher. Daraufhin stand dieser Knirps stramm, zeigte den Hitlergruß und schoss anschließend imaginäre Gewehrsalven in die Menge. Da begriff ich, dass auch ich als Deutscher lange mit den Folgen leben muss, die andere Deutsche im Namen der Deutschen zu verantworten haben. Meine Verantwortung ist, damit sorgfältig und sensibel umzugehen, um auf Dauer eine Chance zu haben, dieses Bild zu verändern.

Und ehrlich: Menschen aus nordafrikanischen Ländern müssen seit Silvester 2015 verstärkt damit leben, dass auch sie mit dem in Verbindung gebracht werden, was ihre Landsleute (Nafris) an diesem Tag massenhaft in deutschen Großstädten abgezogen haben. Das war und ist nicht nur bei uns kriminell, sondern auch in den Ländern, aus denen sie kommen. Darauf gibt es nur eine Antwort. Wenn also zu Silvester 2016 – für mich unverständlich – wieder Hunderte Nafris nach Köln strömten, war klar, dass die besondere Sensibilität für eine besondere Beobachtung sorgte. Das ist auch richtig so, selbst wenn der eine oder andere Mensch mit nordafrikanischen Wurzeln mit den besten Absichten nach Köln kam.

Jetzt möchte ich gern die Kirche im Dorf lassen: Es war weitaus wichtiger, dass die Menschen in Deutschland überall Silvester friedlich feiern können. Wer sich über die behördeninterne Abkürzung Nafri aufregen kann, der erntet bei mir nur Unverständnis und Kopfschütteln. Gelinde gesagt.

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