Österlicher Aufbruch in Pandemiezeiten. Oder: Wie kommen wir hier raus?

Österlicher Aufbruch in Pandemiezeiten. Oder: Wie kommen wir hier raus?

Eine Mehrheit der Deutschen, so lassen es uns aktuelle Umfragen wissen, sei dafür, dass wir noch einmal in einen harten Lockdown gehen. Eine Mehrheit sieht die eigene Sicherheit und die eigene Gesundheit als wichtiger an, als zum Beispiel die Existenzsicherheit von Tausenden Geschäftsinhaber*innen, Kulturschaffenden, Kurzarbeitenden, Gastronom*innen …

Übrigens: Wie geht es wohl den an Krebs erkrankten Menschen, deren Operationen aufgeschoben werden, weil die Betten in den deutschen Krankenhäusern für Covid-Erkrankte freigehalten werden (müssen)? Egal, solange es nicht mich betrifft? Und eine Statistik der an Krebs leidenden, aber nur unzureichend behandelten Menschen steht ja nicht jeden Tag in der Zeitung, interessiert also praktisch niemanden.

Warum? Was vorherrscht, ist Angst – Angst vor einem unbekannten, nicht sichtbaren Virus.

Wer Angst hat, will Sicherheit. Und die Mehrheit unserer Bevölkerung kann sich diese Sicherheit problemlos leisten. Denn von den 83 Millionen Menschen, die in Deutschland leben, beziehen die meisten ihr monatliches Gehalt vom Staat. So zum Beispiel alle, die die Entscheidungen treffen, ob wir in einen harten Lockdown gehen: Politiker*innen, Behördenleiter*innen, Virolog*innen. Sie müssen nicht mit 67 Prozent ihres Gehaltes auskommen. Auch bangen sie nicht um ihre Existenz bzw. die Früchte ihres Arbeitslebens.

Das ist diesen Menschen nicht vorzuwerfen – aber es beeinflusst Entscheidungen.

Sicher ist: der Corona-Virus ist in der Welt und muss bekämpft werden. Wer ihn leugnet, ist dumm. Sicher ist aber auch: Er geht nicht wieder weg! Konsequenz: Wir müssen lernen, damit zu leben. So wie mit anderen Risiken des Lebens im Alltag auch: Unfall zum Beispiel. Wer das leugnet, ist ebenfalls dumm.

Doch den rund 21 Millionen Rentner*innen, den rund zehn Millionen Menschen, die von Hartz IV oder vom Arbeitslosengeld leben (müssen), den rund zehn Millionen Menschen, die im öffentlichen Dienst bzw. in vergleichbaren Arbeitsverhältnissen stehen sowie den vielen Menschen, die in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten, muss das alles nicht jucken. Sie haben am Monatsende spätestens das Geld auf ihrem Konto, was ihr bisheriges Leben unverändert weiterleben lässt. Und das ist die strukturelle Mehrheit in unserer Bevölkerung – sie entscheidet auch, ob wir die Wirtschaft an die Wand fahren. Das erleben wir gerade in den Umfragen.

Wen interessiert da der Mensch, der völlig unverschuldet in eine Existenzkrise gerät – auch weil die staatlichen Hilfen nicht greifen oder einfach nicht überwiesen werden? Wen interessiert das Kind, das missbraucht oder misshandelt wird, dessen Schreie man nicht hört und das auch von dem digital durchgeführten Distanzunterricht nicht erreicht wird, weil zu Hause die digitale Infrastruktur fehlt? (Erinnern Sie sich noch an die drei Minister Dobrindt, de Maizière und Gabriel, die 2014 den digitalen Aufbruch verkündeten? Alle drei sind nicht mehr Minister und auf den digitalen Aufbruch warten wir noch heute!)

Ärgerlich für mich ist zweierlei: Erstens, wer so denkt und diese Missstände anprangert, wird sehr schnell diffamiert und abgekanzelt – auch öffentlich. Und zweitens: Man lernt einfach nicht aus Fehlern bzw. Erkenntnissen.

Wenn die bisherigen Maßnahmen nicht griffen, um die Pandemie nachhaltig in den Griff zu bekommen, dann werden wir auch durch eine Verschärfung dieser Maßnahmen keinen Erfolg erzielen. Dann sind die Maßnahmen falsch bzw. wir erreichen damit nicht die Zielgruppen, die wir erreichen müssen. Wenn es richtig ist, dass ein großer Teil der intensivmedizinisch behandelten Menschen einen Migrationshintergrund hat (laut BILD 90 Prozent!), dann müssten wir die Kommunikation auf diese Zielgruppen verändern, vielleicht auch Werbespots bei den (ausländischen) Fernsehsendern schalten, die sie tagtäglich konsumieren. Man sitzt nämlich nicht nur bei ARD und ZDF in der ersten Reihe.

Wenn es richtig ist, dass wir in einer vielfältigen, komplexen Welt leben, dann sind nicht nur die Erkenntnisse von Politik, Verwaltung und Virologen zusammen zu bringen, sondern dann gehören die Wissensgebiete der Kommunikation, der Wirtschaft, der Kinder- und Jugendpsychologie, der Gerontologie … alle an einen Tisch. Und vor allem muss unsere Krisen-Kommunikation dieser Vielfalt gerecht werden.

Wir wissen so viel – und berücksichtigen in der Pandemie von diesem Wissen so wenig. Die Gesellschaft ist kein virologisches Experimentierfeld, von dem noch in zig Jahren Doktorarbeiten verfasst werden können. Sie ist mehr als ein Virus.

Sicher: Mit dem Virus kann man nicht verhandeln. Der Virus folgt keiner Ideologie. Der Virus ist intelligent, er passt sich den Situationen immer wieder an.

Aber ist der Lockdown die einzige Antwort, die wir Vernunftbegabten haben? Bloß weil den Politiker*innen, den Behördenleiter*innen und den Virolog*innen keine anderen Antworten einfallen, heißt es nicht, dass es sie nicht gibt.

Wir feierten nun das zweite Osterfest im Zeichen der Pandemie. Wann kommt der Aufbruch, das Licht, der einen Weg aus dem pandemischen Nebel weist? Was die Wiederauferstehung Jesu für den christlichen Glauben darstellt, muss die verlässliche Perspektive für die Menschen sein, die pandemiemüde sind. Wie kommen wir aus der Pandemie wieder raus? Warum sollen wir uns anstrengen? Welche Regeln sind zu befolgen?

Der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry hat einmal gesagt: „Wenn du ein Schiff bauen willst, dann lehre die Sehnsucht nach dem weiten Meer.“

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