Paradigmenwechsel in Behörden? Vertrauen statt Misstrauen!

Paradigmenwechsel in Behörden? Vertrauen statt Misstrauen!

In Deutschland zählt eine gute, funktionierende, dem Bürger zugewandte Verwaltung in Städten und Gemeinden, auf Kreis-, Landes- und Bundesebene als wirtschaftlicher Standortfaktor. Wer andere Länder kennen gelernt hat, weiß die deutsche Verwaltung zu schätzen. Doch auch sie hängt entscheidend vom Personal ab.

Eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung macht jetzt das schon lang Absehbare deutlich: die Mitarbeiter/innen in den Behörden werden auch älter. In den kommenden acht Jahren (bis 2024) wird im Durchschnitt jede/r vierte Beschäftigte die Pensionsaltersgrenze erreichen, in manchen Gemeinden sogar fast jede/r zweite. Dann verlässt nicht nur viel Wissen und Erfahrung die Behörde, es stellt sich zudem die Frage, wer sie ganz konkret ersetzt. Denn der Nachwuchs ist ja nicht mehr unbegrenzt da.

Vergegenwärtigen wir uns: 1964 kamen 1.357.304 Menschen zur Welt , 2015 waren es nur noch 737.630. Wenn also die 1964 Geborenen in 15 Jahren ihren Ruhestand antreten (mit 67 Jahren!), dann kann nur noch jeder zweite von ihnen eingenommene Arbeitsplatz wieder besetzt werden. Die andere Hälfte ist nicht mehr da! Wer macht also die Arbeit? In Köln zum Beispiel sind schon heute 1.000 Stellen unbesetzt, bis 2022 gehen mindestens 1.350 Menschen in Pension. So attraktiv scheint der Verwaltungsjob für qualifizierte Fachkräfte gar nicht zu sein, das zig Menschen Schlange stehen. Was heißt das für unsere zukünftige(n) Verwaltung(en)?

Sicher: das Problem ist nicht neu. Die Alterspyramide war schon lange ersichtlich und schon vor zehn Jahren hätte man Personalentwicklungspläne auflegen können. Klar ist: Etliche Bundesländer werden nicht mehr das Personal haben, um ihre Dienstleistungen wie gehabt zu erbringen. Doch: Hätte, hätte, Fahrradkette. Blick nach vorn: Lösungen müssen her.

Aus meiner Sicht steht ein Paradigmenwechsel an: Behörden sollten lernen, ihren Bürgern/innen zu vertrauen, ihnen nicht mehr grundsätzlich zu misstrauen. Finanzämter zum Beispiel halten jeden Bürger/in für einen notorischen Steuersünder. Warum? Vereinfachen wir das Steuerrecht, gäbe es nicht mehr so viel zu prüfen. Wir sollten aber überall weniger prüfen müssen, ob sich die Bürger/innen auch regelkonform verhalten, sondern die Anreize so (hoch) setzen, dass sie motiviert sind, es gleich richtig zu machen. Wir sollten nicht mehr prüfen und messen, ob zum Beispiel am Ende einer Leitung in die Abwasserkläranlage zu viel Dreck entsteht, sondern von Beginn an die Anreize so setzen, dass kein Dreck mehr in die Leitungen gelangt. Wir müssen lernen, dass 16 Bundesländer, 295 Landkreise, über 14.000 Kommunen sowie viele weitere Behörden nicht unbedingt sein müssen, um ein Land zu verwalten. Allein das "bedingungslose Grundeinkommen" könnte viele Behörden und viel Prüfungsarbeit von Anträgen schlichtweg überflüssig machen.

Gerade die Flüchtlingsbewegungen 2015 haben doch eindrucksvoll belegt, dass unsere Zivilgesellschaft bereit und fähig ist, die Aufgaben im Rahmen eines neuen Gesellschaftsvertrages neu auszutarieren. Diese Diskussion gilt es jetzt zu führen. Offensiv, aktiv, innovativ.

Wer auch in Zukunft eine gut funktionierende Verwaltung haben möchte, der muss lernen, dass die Zukunft nicht die Verlängerung der Vergangenheit ist. Es braucht allerdings Mut, denn ohne Veränderung wird das nicht möglich sein.  Und es drängt, denn je älter die Wahlbevölkerung wird (2017 wird jede/r zweite Wähler/in, nicht Wahlberechtigte, bereits älter als 55 Jahre sein!), umso weniger werden Veränderungen gewollt sein (siehe Brexit!). Leider! Und da nur wenige Politik(er) kommunikativ und mutig sind, kommt es auf mutige und innovative Akteure der Zivilgesellschaft an. Auf uns alle also!

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