Politische Parteien – ein Dreiklang aus Ignoranz, Arroganz und Inkompetenz?

Politische Parteien – ein Dreiklang aus Ignoranz, Arroganz und Inkompetenz?

Die Wahlrechtsreform, die im Deutschen Bundestag nun eine Mehrheit gefunden hat, begrenzt die Zahl der Abgeordneten künftig auf 630 Menschen. Künftig ist allein maßgebend die Zweitstimme (warum hat man sie dann nicht zur Erststimme gemacht?). Die bisherige Erststimme hat nur noch nachrangige Bedeutung. Ziel war es vor allem, die für das unsägliche Aufblähen des Parlaments verantwortlichen Ausgleichs- und Übergangsmandate überflüssig zu machen. Das wird verfassungsrechtlich kaum zu beanstanden sein.

Nur zur Erinnerung: diese Wahlreform geht auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2012 zurück. Elf Jahre (nur die Narren in den karnevalistischen Hochburgen können dieser Zahl etwas abgewinnen) haben unsere gewählten Mandatsträger*innen gebraucht, diese Reform zustande zu bringen. Elf Jahre! Im Grunde ein Zeichen von enormer Inkompetenz. Verstehen Sie jetzt, warum u. a. alle Brücken in Deutschland gleichzeitig marode sind? Politik bekommt nichts auf die Reihe. Sie kümmert sich, aber es passiert zu wenig.

Und jetzt endlich: eine Reform ist verabschiedet. Wer meckert: die CSU und die Linke (also die christlich sozialistische Union), aber auch die CDU. Frage: Wer hat von 2012 bis 2021 die Regierung gestellt und die Mehrheit im Bundestag innegehabt? CDU/CSU. Haben sie die Reform zustande gebracht? Nein. Haben Sie eigene, mehrheitsfähige Vorschläge unterbreitet? Nein. Haben Sie sich stets um Kompromisse bemüht, wenn andere Parteien Vorschläge unterbreitet haben? Nein.

So ist Politik zu einem Selbstbedienungsladen geworden. Immer mehr Mandate. Mehr Effizienz? Nein. Bessere Ergebnisse. Nein? Mehr Parteipolitiker*innen, die mit einem Mandat versorgt werden konnten und die dann mit entsprechenden Abgaben die Parteien quersubventionieren? Ja!

Das Urteil aus 2012 hätte längst umgesetzt werden müssen. Die Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) und Wolfgang Schäuble (CDU) haben stets gemahnt und kritisiert – auch die eigenen Leute. Das hat die gar nicht interessiert, weil die Funktionäre der politischen Parteien schon lange nicht mehr das Wohl der Demokratie, des Gemeinwesens oder der Bürger*innen im Sinne haben, sondern nur noch ihr eigenes. Wenn das beschädigt wird, ist die Demokratie, ist der Staat, ist das Wohl der Bürger*innen in Gefahr. So auch jetzt.

Die Demokratie ist in Gefahr, weil die Grundmandatsklausel abgeschafft worden ist? Lächerlich. In welchem Bundesland gibt es diese Klausel? Ich kenne keines. Wer keine fünf Prozent der Stimmen auf sich vereinigt, kommt nicht in den Landtag. Haben die Linken je darüber Klage geführt? Nein. Haben Sie politische Initiativen in Gang gesetzt, das zu ändern (zumal ja die Demokratie beschädigt wird)? Nein.

Gewährt die CSU in Bayern die Grundmandatsklausel? Nein. Ist die Demokratie in Bayern in Gefahr? Ist Bayern deshalb ein „Schurkenstaat“?

Was mich wütend macht, ist diese selbstgerechte Ignoranz, Arroganz und Inkompetenz unserer politischen Klasse, die es noch nicht einmal schafft, einen Kompromiss zum Wahlrecht zu vereinbaren, der einen demokratischen Mehrheitswechsel bei einer kommenden Wahl übersteht. Klug ist das nicht – auch wenn es die CSU selbst schuld ist, da sie in der Vergangenheit stets alles blockierte.

Wie attraktiv sind politische Parteien, um sich dort zu engagieren? Wissen Sie, dass die Hälfte der Mitglieder von CDU/CSU sowie SPD älter als 61 Jahre alt ist? Da will keine*r mehr mitmachen.

Klug wäre es daher, über eine Demokratie nachzudenken, die zukünftig ohne Parteien funktionieren könnte. Denn die Parteien haben mittlerweile den Staat zur Beute gemacht – und merken es nicht einmal, weil sie es für normal halten.

Right Menu Icon