Griechenland – eine unendliche Geschichte ohne Rettung

Griechenland – eine unendliche Geschichte ohne Rettung

Die Finanzminister der 18 europäischen Länder, in denen der EURO die gemeinsame Währung ist, haben beschlossen, die Verhandlungen über ein drittes Rettungspaket für Griechenland mit einem Volumen von rund 86 Milliarden Euro über drei Jahre aufzunehmen. Kurzfristig soll ein Weg gefunden werden, dem maroden, aus eigener Kraft nicht überlebensfähigen Staat zu helfen, den Staatsbankrott zu vermeiden.

Als Voraussetzung dafür hat am 15. Juli 2015 das griechische Parlament ein Maßnahmenbündel beschlossen, dass jene Sparmaßnahmen vorsieht, die zehn Tage zuvor mehr als 60 Prozent der Bevölkerung in einem Referendum ablehnten. Jeder muss sich fragen, was eigentlich Demokratie, die Herrschaft des Volkes, noch wert ist. Und welches Bild Regierungen und die Europäische Union nachhaltig abgeben.

Fakt ist, dass Griechenland in den letzten Jahren mehr Schulden angehäuft hat als je zuvor. Fakt ist, dass die bisherigen Maßnahmen schon nicht gewirkt haben. Stellen wir uns vor, es würden nun jedes Jahr zehn Milliarden Euro Schulden abbezahlt. Dann wäre das Land nach 32 Jahren schuldenfrei - und ein Neuanfang soll auch noch gemeistert werden. Doch gibt es jetzt auch nur irgendeine Idee, eine Strategie, wie Griechenland das schaffen soll?

Die jungen qualifizierten Menschen, die das schaffen könnten, sind zu einem Teil schon ausgewandert, sind zu 25 Prozent arbeitslos und werden auch in naher Zukunft ihre Zukunftsperspektive außerhalb des Landes suchen. Ein großer Teil der Menschen ist verrentet und will nun das Leben mit der Rente genießen. Wer meistert diese Herausforderung denn eigentlich? Private Initiativen haben es schwer und ersticken in der Bürokratie. Griechenland verfügt gar nicht über die demografische Rendite, diese Herausforderung zu meistern.

Zudem haben die letzten Jahre belegt, dass Griechenland kaum eine Reform wirksam umsetzen konnte. Grund: eine völlig inkompetente Verwaltung, die mit Menschen besetzt worden ist, die das jeweilige Parteibuch hatten, aber ohne Fachkompetenz glänzten. Wird Griechenland künftig ein Land sein, in dem es moralischer ist , Steuern zu zahlen als sie zu hinterziehen? Schließlich sind circa 70 Milliarden Euro Steuern nicht gezahlt und auch nicht vom Staat eingetrieben worden!!! Wird Griechenland künftig in der Lage sein, seine Steuern einzutreiben? Werden insbesondere die Reichen, die praktisch keine Steuern zahlen, künftig zur Kasse gebeten?

Die deutschen Touristen könnten helfen und zum Beispiel bei jedem Restaurantbesuch eine Rechnung, auf der die Mehrwertsteuer ausgedruckt ist, verlangen. Doch werden die Gastronomen das überhaupt können oder wollen? Auch die unsägliche Korruption ist nicht annähernd beseitigt worden. Im Krankenhaus soll es zum Beispiel nahezu selbstverständlich sein, den Ärzten und Pflegern etwas zukommen zu lassen! Wird das nun alles anders?

Werden die Rentner und das Heer der Frührentner aus eigener Kraft vom Staat bezahlt werden können? Wird die Mentalität, mit 60 in den Ruhestand zu treten, morgen in eine Mentalität umschlagen, wonach es gut ist, möglichst lange zu arbeiten (Rente mit 67)? Werden die Menschen, die gewohnt sind, dass der Staat für sie sorgt, morgen für sich selbst sorgen können (oder gar wollen)?

Griechenland lebte in den letzten Jahren praktisch nur von Schulden und Zuwendungen aus dem Ausland. Das ändert sich in den  nächsten drei Jahre nicht. Also wozu dieses Hilfspaket? Wen rettet Europa? Die Griechen? Kaum. Die werden in wenigen Jahren wieder da stehen, wo sie heute stehen und wo sie schon vor einigen Jahren standen.

Die Menschen in Griechenland (nicht alle, aber doch ein sehr großer Teil) werden lernen müssen, dass sie sich ändern müssen, nicht der Rest von Europa. Dies haben wir nun versäumt, klar zu machen. Wieder einmal. Oder aber wir müssen diese Mentalität akzeptieren, weil auch sie zu Europa gehört - und bezahlen?

Übrigens: Einen Einblick in die griechische Mentalität und den griechischen Krisenalltag bietet das jüngste Buch von Petros Markaris: Zurück auf Start. Der unterhaltsame Krimi mit dem schrulligen Kommissar hält den Spiegel vor!

 

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