Weltfrauentag war gestern – Geschlechtergleichstellungstag ist heute!

Weltfrauentag war gestern – Geschlechtergleichstellungstag ist heute!

Wir sind uns sicher alle einig, dass die Gleichstellung aller Geschlechter immer noch keine Selbstverständlichkeit ist, obwohl dies in unserem Grundgesetz seit 1949 rechtlich verbrieft und verankert ist. Aber den Weltfrauentag 2019 zu einem gesetzlichen Feiertag zu machen, halte ich für bescheuert, für gestrig und überflüssig. Warum? Seit dem 1. Januar 2019 gibt es in Deutschland ganz offiziell drei Geschlechter: männlich, weiblich und divers. Mit welchem Grund sollen die Frauen hier herausgehoben werden. Sie stellen die Hälfte der Mitglieder der Bundesregierung.

Wenn Jungs ihre Väter fragen, ob auch Männer Bundeskanzler werden dürfen, dann gibt das doch zu denken. Wenn es in der Generation der Menschen über 80 Jahre deutlich mehr Frauen gibt, die arm sind, von Grundsicherung leben und auch einsam sind, dann ist das eine bedrückende Facette der Geschlechterwirklichkeit. Wenn Frauen nach wie vor in vielen Berufen (längst nicht in allen!) weniger verdienen als Männer, so bitte ich um die Begründung. Warum eigentlich? Und warum spielt das in den Tarifverhandlungen zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden eigentlich keine Bedeutung? Das könnte sofort geändert werden! Eine weitere Facette der Geschlechterwirklichkeit.

Wenn in der Kinder- und Jugendgeneration aber der Junge der Verlierer, weil der Benachteiligte ist, so stellt auch das eine weitere Facette der Geschlechterwirklichkeit dar, die die aktiven Feministinnen und die selbstgerechten Maskulinisten gern übersehen. Dabei sind schon seit Jahren rund 64 Prozent der Förderschüler Jungs. Warum eigentlich? Interessiert das wirklich niemanden?

Wenn Frauen keine Partner finden, weil Frauen eben ungern dumme Männer heiraten, wenn die Elite der Zukunft in nahezu allen Berufen weiblich ist (und damit auch die reelle Chance auf die Führungspositionen), wenn in ostdeutschen ländlichen Gebieten deutlich mehr junge Männer als junge Frauen leben, dann belegen diese Entwicklungen zumindest, dass die Geschlechterdebatte nicht mehr auf die arme, geschundene, benachteiligte Frau allein zu reduzieren ist. Sie ist komplexer und vor allem vielfältiger.

Und wie kommen sich die Menschen vor, die jetzt als ‚divers‘ zu betrachten sind? Nicht die Politik hat im Übrigen dafür gesorgt, dass den Menschen, die in ihrer Geschlechtsidentifikation irritiert sind, endlich anerkannt werden, sondern das Bundesverfassungsgericht. Und das wiederum hat nur geurteilt, weil Menschen, die betroffen sind, gegen jahrelange Diffamierungen, Diskriminierungen, Ungerechtigkeiten und Benachteiligungen geklagt haben. Jeder 500. Junge zum Beispiel soll das Kinefelder Syndrom haben, eine geschlechtliche Abnormität. Nie gehört? Eben. Erfolgreich tabuisiert.

Wenn es daher eines besonderen Tages bräuchte, dann den „Weltdiverstag“. Hört sich nur blöd an. Dem steht nur eins im Wege: die selbstgerechte Art gut organisierter Frauen, die ihr Selbstmitleid, dass sie im Leben so unterdrückt werden, noch immer wie eine Monstranz vor sich hertragen (dabei hat sich in der Frauenfrage in den letzten Jahr(zehnt)en unglaublich viel getan), sowie die testosterongeschwängerte Belächelung der ganzen Gender-Debatte, insbesondere der Alt-Herren-Riegen in allen Alt-Parteien, insbesondere auch der AFD. All dies zusammen führte zum neuen Feiertag in Berlin anlässlich des Weltfrauentages.

Mein Herz schlägt für einen „Geschlechtergleichstellungstag“. Der kann dann auch gern ein Feiertag sein. Konsequent männlich, weiblich, divers (m/w/d). Das wäre moderne, nach vorn gewandte Geschlechterpolitik. Gern auch mit Quoten für das jeweilig unterrepräsentierte Geschlecht, zum Beispiel im Medizinstudium oder im Lehramt für Männer bzw. für divers-geschlechtliche Menschen. Der Weltfrauentag ist das Beweihräuchern der Debatten und Kämpfe von gestern. Die Lebensrealitäten sind heute weiter, viel weiter: m / w / d.

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