Schützt die Meinungsfreiheit! Wo bleibt die Zivilcourage der Politik?

Schützt die Meinungsfreiheit! Wo bleibt die Zivilcourage der Politik?

60 Bürger Israels, die ihre militärischen Erfahrungen in dem brutalen Krieg Israels 2014 mit Palästina nicht mehr schweigend ertragen wollen, zeigen ihren Mut in Form einer Ausstellung. Mut, weil sie Bilder gegen die offizielle Mehrheitsmeinung der israelischen Regierung zeichnen. Diese Ausstellung wird in Israel gezeigt und strittig diskutiert. In Köln sollte sie gezeigt werden und wird nun durch den Oberbürgermeister abgesagt – auf Wunsch der israelischen Botschaft in Berlin und auf Anraten der Christlich-Jüdischen Gesellschaft zu Köln. Deren Argument, die Ausstellung sei einseitig, finde ich lächerlich. Fehlen der Gesellschaft 60 israelische Soldaten, die ihre Lust zu töten zum Ausdruck bringen? 18.000 Wohnungen in Palästina sollen beschädigt oder zerstört worden sein. Fehlt der Gesellschaft der Hinweis, dass auf israelischer Seite immerhin auch 20 Wohnungen beschädigt oder zerstört worden sind? Dass eine Regierung eines ausländischen Staates Einfluss auf gesellschaftliche Diskurse eines anderen Staates zu nehmen versucht, ist nicht neu. Doch dass ein Oberbürgermeister einer großen deutschen Stadt dem so willfährig stattgibt, ist erschütternd. Ich dachte, ich lebe in einem Land, in dem ein Mensch frei, gleichwohl friedlich seine Meinung zum Ausdruck bringen darf. Jetzt erlebe ich, dass dies in diesem Fall nur geht, wenn es dem Staat Israel passt. Dies gilt es zu kritisieren und zwar heftig, deutlich, eindeutig und nachhaltig scharf.

Wäre ich Bürgermeister einer Stadt außerhalb Kölns, so würde ich diese Ausstellung jetzt in meine Stadt holen. Das wäre ein starkes Zeichen für Meinungsfreiheit, für Zivilcourage und für mutige Menschen, die sich auf ihre eigene Weise gegen Krieg und Unrecht wenden.

Nachtrag: 

Die Ausstellung findet nun doch statt - 2016. Es sei ein Fehler gewesen, diese Ausstellung in den Zusammenhang mit den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland zu nehmen.

Wer wie ich Auschwitz besucht hat, und sich zutiefst als Deutscher geschämt hat, wer wie ich mit seinem Vater über das Warum des Holocaust heftigst gestritten hat und doch nur Sprachlosigkeit erntete, der weiß um das Wunder, dass es möglich war und ist, auf 50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel zurückblicken zu dürfen. Doch wer in einer Demokratie lebt und leben will, der sollte auch akzeptieren, dass es immer verschiedene Blickwinkel gibt, dieses „Wunder“ zu gedenken.

Für mich gehört eine solche Ausstellung (Breaking the silence) dazu. Sie zeigt die Qualität auf, die diese Beziehung hat, die einer kritisch konstruktiven Freundschaft. Die Absage (oder jetzt: zeitliche Verschiebung) der Ausstellung auf Anraten der israelischen Botschaft und der christlich-jüdischen Gesellschaft durch den Oberbürgermeister der Stadt Köln belegen eher Ängstlichkeit, Misstrauen und Pessimismus. Der Konflikt zwischen Israel und Palästina, der diese Welt schon Jahrzehnte in Atem hält, wird nur gelöst werden, wenn wir diejenigen, die in der israelischen und palästinensischen Gesellschaft mutig den Scharfmachern die Stirn bieten, unterstützen. Auch wir sollten das Schweigen brechen – erst recht nach gelebten 50 Jahren Beziehungen.

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